Freitag, 8. Mai 2015

Schmidt Schnauze

Als ich Kind war,
saß ich auf der Couch an der Wand,
mein Vater
im Schaukelstuhl und meine Mutter
in einem
Sessel
nah am Fernseher.
Mein Vater vertraute Schmidt,
weil er wie mein Vater
norddeutsch war,
langsam und
überdeutlich redete und
alles wusste,
meistens sogar
besser.
Mein Vater entkam dem Sumpf
seiner proletarischen Herkunft
durch das Bildungsprogramm der SPD.
Die SPD war heilig bei uns.
Kohl mochten wir nicht.
Obwohl Kohl Pfälzer war und mein Vater ja dort wohnte
mit uns.
Obwohl Kohl Achate sammelte,
wie mein Vater.
Und er diese, wie mein Vater vor die gelesenen
Bücher
ins Regal sortierte.
Obwohl Kohl
immer Hauspantoffeln trug,
wie mein Vater.
Obwohl Kohl eine Geliebte hatte, wie mein Vater
und
wie wir wissen,
wie Schmidt.
Der seine Frau nie verlassen
hat,
wie mein Vater.
Was ein Fehler war, aber das ist eine andere Geschichte.
Als Schmidt 1982
aufstand und rüber ging zu
Kohl und diesem
gratulierte,
war es still im Wohnzimmer.
Mein Vater hatte Tränen in den Augen.
Meine Mutter sagte etwas Abfälliges und ich dachte,
das Ende der Welt sei gekommen.
Mein Vater ist tot,
Kohl kann nicht mehr mitmischen
nur Schmidt -
wie eh und je.





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