Samstag, 29. Mai 2021

Dein Traum

 Das alte Hochhaus in der Stadtmitte,

braune Backsteine

gothic,

fremd,

eine alte, neue fremde Stadt,

amerikanisch,

in den Dreißigern aber auch heute.

Ich streife draußen umher, weiß, dass du dort drin bist.

Wünsche mir, dass du herauskommst.

Warte.

Stunden.

Die Sonne brennt.

Dann sinkt sie allmählich.

Schatten,

Wolken,

Alles ist leer.

Nur dieses Hochhaus

und sein langer Schatten.

Wie bei de Chirico oder Hopper.

Menschengebäude 

in der leeren 

Ewigkeit.

Endlich trittst du hinaus.

Ich eile zu dir, folge dir.

Du beschleunigst den Schritt.

Ich will bei dir sein.

An deiner Seite sein.

Mein Herz krampft zusammen,

dein Schritt beschleunigt sich.

Was ist mit dir?

Du wirst immer schneller.

Dreh' dich doch bitte zu mir!

Sieh mich an!

Bitte!

Schrotte hallen auf dem Pflaster.

Nacht fällt auf uns.






Mein Traum

An einem dunklen Frühjahrstag 

stehe ich

im Regen an einer Bushaltestelle

auf dem Land.

Der Bus nähert sich.

Große Scheibenwischer peitschen die Wassermassen

von den dunklen Scheiben.

Ein Stadtbus, kein Landbus.

Zischend öffnen sich die Türen.

Ich steige ein.

Ziemlich voll.

Alles Städter,

aber ich kenne niemanden.

Doch dann sehe ich dich.

Auf dem Sitz vor der leeren Stellfläche für Fahrräder und

Kinderwagen.

Soll ich tun, als hätte ich dich nicht gesehen?

Ich beschließe, zu dir zu gehen.

Du schaust mich an mit deinen braunen Augen.

Ich gehe vor dir auf die Knie.

Lege meinen Kopf auf deine Schultern, deren

Wohlgeruch ich nie vergessen werde.

Ich spüre, wie Tränen mein Gesicht herunterrennen und sage

etwas, noch nie, jedenfalls nicht unter Tränen zu jemandem sagte:

"Ich hab' dich so vermisst!"

Immer wieder:

"Ich hab' dich so vermisst!"