Montag, 23. November 2020

Guten Morgen

Der Morgen küsst mich wach mit Lippen 

fast so zart wie die 

Deinen

und ich blinzel und seh’,

Du hast mir geschrieben in der Nacht.

Und ich lese, dass Du schriebst, was ich träumte und

ich frag' mich,

ob ich noch immer schlafe

und 

träume.
Von Dir.

Mittwoch, 11. November 2020

Supermarkt der Träume

 Gestern fielen wir übereinander her

in einem Hotel neben der regennassen Autobahn

in Holland.

Wir fanden ein Zimmer, das nicht abgeschlossen war,

deine Brüste lachten rund und voll,

"wie bei Bukowski" sagtest du,

während ich dich von hinten zum

vierten Mal nahm.


Groß rauskommen bei den Medien

war der Plan.


Dann platzten einige Träume,

Eltern starben,

Nerven versagten,

B-Pläne funktionierten nicht, 

Freundinnen zogen in den Speckgürtel,

bekamen Kinder.


Du nicht.

Niemand war sensibel und gleichzeitig klug und frei genug

um mit dir mitzuhalten.

Du bliebst allein.


Wohin mit der Zeit?

Pflanzen, Schrebergarten, Ayurveda.


Und dann sah ich dich wieder.

Das Gesicht etwas faltiger, die einzige offene Kasse

des Biosupermarktes.

Präzise und verträumt wie immer,

viel zu gut für diesen Job.

Ich machte einen leicht anzüglichen Witz, 

was ich sonst nie mache,

aber

du hast gelacht wie früher

vor 30 Jahren

in dem Hotel an der Autobahn.





Dienstag, 10. November 2020

Duscha

Feine Dämmerung senkt sich 

auf uns,

den stillen Wald, das ferne Tal.


Zwischen kerzengeraden Fichten

schwebt leiser Nebel.


Wir stehen reglos und ich spüre 

deine Hand in meiner.


Innen leuchten unsere 

Novemberseelen.





Freitag, 6. November 2020

Das letzte Mal

Es war das letzte Mal,

dass die Nicht-Berechnenden,

die Aufrechten, die Naiven, die Herzvollen,

die Kind Gebliebenen einen

Anführer 

hatten, der wie sie, nicht bereit war,

hinzunehmen, 

dass sie von jenen in den glitzernden Städten als 

kläglich 

wahrgenommen wurden.

Für immer werden nun diejenigen regieren,

die alles haben und nichts abgeben,

die das Leben verachten, wenn es nicht perfekt ist,

die jeden Deal machen,

ungeachtet der Folgen, 

die kein Gewissen haben, aber die

ganze Moral.





Dienstag, 3. November 2020

Wasting my time

die Kinderstimmen im Park dringen durch das gekippte Fenster

eine davon die eines meiner Kinder,

Sonne, Herbst,

frische Luft, endlich,

Körper, Kopf,

alles fühlt sich schwer an, endlich.

Kaffee, Müsli, Dusche,

Zeit schmilzt auf Nachrichtenseiten,

der Kulturkampf

zwischen Gestern und Morgen wird 

morgen entschieden.

Das Gestern wird verlieren.

Und dann das Morgen bekämpfen.

Und wieder verlieren.

Zum Chirurgen,

es könnte Krebs sein, klar.

Die Arzthelferin schrecklich jung mit engen weißen Hosen,

großen Brüsten, Tattoos, benötigt meinen Pass für die Versicherung.

Das Morgen. 

Der Arzt geht gebeugt, er müsste längst in Rente sein, keine Ahnung, weshalb er weitermacht.

Er schaut kurz drauf und weiß sofort:

Es muss operiert werden, schnell.

Die Arzthelferin gibt mir den Pass zurück und wünscht mir alles Gute.

Draußen Licht, Laub, Wind.

Ich miete einen E-Roller,

werde angehalten von einer freundlichen Polizistin,

weil ich gegen die Einbahnstraße fahre. 

Ich zahle brav, wünsche ihr einen guten Tag.

Fühle mich überlegen. 

Mein Geheimnis ist so stark,

nichts könnte mich erschüttern.

Außer vielleicht, 

die Kinderstimmen nicht mehr zu hören.


Niemand vermisst mich, während ich das schreibe.