Samstag, 22. August 2015

Die Züge, sie fahren ins Nichts

Dieser eine Ausflug, den mein Vater mit uns machte, als ich klein war,
8 Jahre alt vielleicht,
mein Bruder war jünger und
erinnert
sich nicht mehr...

Mit einem roten Schienenbus im gewundenen Naheflusstal,
kleine Ortschaften unter riesigen Felswänden,
immer den mäandernden Fluss entlang,
grüne Auen, blühende Bäume,
rotgelbe Reklameschilder,
Menschen, die badeten und winkten,
dann hielten wir in Bingen und stiegen aus.

Starrten auf den
gewaltigen Strom.

Das gewaltige Tal,
die qualmenden Schubschiffe.

Wir nahmen eine Fähre,
nach Rüdesheim.

Dieselgeruch im Flusswind.

Hinauf durch enge Gassen zwischen Fachwerkhäusern.

Ein Foltermuseum.
Ich wollte alles darüber wissen, aber nicht alles wurde mir gesagt
und das Grausame stets so, als betreffe es mich nicht.
Als gehörte ich zu einer anderen Spezies, die so etwas nicht
macht.
Diese Art von Barbarei, das war schon hunderte von Jahren
her,
sagte er,
leise, damit mein Bruder nichts hört.
Menschen waren so
früher.

Dann ganz oben unter dem riesigen Germania-Denkmal,
unschuldig fand ich alles daran großartig und die riesige Frau mit dem Schwert
auch ein wenig
erotisch -
damals schon.

Wir besuchten die Greifvogelschau.

Ein Adler landete auf dem Arm eines Mannes,
flog wieder auf in den Himmel
und drehte seine Runden hoch über dem
Rhein.

Ich war restlos beeindruckt, wollte nicht mehr weg.

Mein Vater war seltsam still.

Er war an dem Augenblick angelangt, an dem er aus einer vollkommen aussichtslosen
Existenz,
einem Leben und einer Herkunft ohne jegliche Chance,
etwas gemacht hatte.

Eine schöne Frau, ein kleines Haus, eine angesehene Stellung,
und Söhne, die ihn
bewunderten.

Zurück fuhren wir in der frühen Dämmerung mit einem Zug, der von einer
Dampflok
gezogen wurde.

Das hohle, tiefe, metallische Bollern, das Fauchen, das Quietschen und die unvorstellbare Menge an Ruß
begeisterten mich und
machten mir
Angst.

Die Sonne ging unter hinter den Weinbergen
und schroffen Felswänden einer verwunschenen Region,
in der es nun niemanden mehr gibt
aus meiner Familie.

Aus der auch alle anderen weg ziehen,
seitdem die Army nicht mehr dort ist.

Mein Vater...
... wollte Wurzeln schlagen und uns begeistern.

An diesem Tag
waren wir
begeistert.





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