Freitag, 14. August 2015

Autoroute de la vie

Im Norden Frankreichs
wurde ich erwachsen.

In einen engen Golf oder Kadett
gepfercht mit anderen Landjugendlichen auf dem
Weg nach Paris,
das Herz voller Sehnsucht nach der
jeweils aktuellen,
unerreichbaren
Schulschönheit,
blickte
ich die meiste Zeit aus dem Fenster
über die endlosen
graubraunen Felder
Nordfrankreichs,
die meiner damals obsessiven Beschäftigung mit dem "Nichts"
entsprachen
und meiner Unerlöstheit ein Bild gaben,
die mich in ihrer
grimmigen Hässlichkeit und Gleichgültigkeit
faszinierten,
und die ich mit meiner kleinen
Agfa-Kamera immer wieder
fotografierte.

Dies inspirierte meinen damals
besten Freund,
der mich verstand und aus diesen
in schwarz-weiß
hochkopierten Fotos eine
ästhetische Vorlage für seine
eigene spätere künstlerische Karriere erkannte,
die ihn zum unglücklichen Professor machte,
während ich nur damals die Schulschönheit kriegte
und
auch
bald wieder
verlor.

Seit dieser Zeit bin ich die Strecke nicht mehr gefahren,
sah sie einmal in einem Wenders-Film,
der dort wohl amerikanisch empfunden haben mag.

Vor zwei Wochen bin ich sie abgefahren mit meinen Kindern
in einem Auto, das nicht viel weniger klapprig ist, als es die Kisten damals waren
und spürte nichts mehr von poetischer Verzweiflung
und hoffnungslosem Verlangen.
Wir wollten einfach nur bald da durch sein.

Etwas essen.

Auf Klo gehen.

Kinder erhöhen alles.

Kinder zerstören alles.





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