Dienstag, 7. April 2015

Mutter

was der Anlass war,
weiß ich nicht mehr.

Sie weinte und schrie und war verzweifelt,
wie so oft.

Wir Kinder wussten nicht warum.

Später verstanden wir:
eigentlich gab es gar keinen Grund.

Sie weinte und schrie gern,
weil sich dann alles um sie drehte.

Das mochte sie.

Ihr Mann war nett und lange treu.

Zu lange, eigentlich.

Ihre Kinder gesund und wohl geraten,
wie man sagt.

Es gab ein Haus,
Geld genug für Urlaube,
niemals drohende Pleite.

Niemals!

Sie weinte und schrie und war verzweifelt.

Ich war allein mit ihr und musste stark sein und groß.
Ich war der Älteste.
Es war in der Küche. Die Eckbank, die Tür in den Flur, das kleine Küchenfenster,
der alte weiße Herd, die Wandverkleidung aus Plastik - 70er Jahre.

Sie weinte und schrie und mit einem Kloß im Hals nahm ich ihr das Versprechen ab,
dass sie sich nicht umbringen würde.
"Was auch passiert, Mama, versprich mir, dass du dich nicht umbringst."

Sie nickte unter Tränen.

Was für ein Triumph.





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