Donnerstag, 2. April 2015

Jesus

"Ich will nicht in die Kirche! Scheiß Kirche!"
schrie der Große, acht Jahre alt.
Echte Tränen schossen aus seinen Augen.
"Dann gibt es eben keine Geschenke, kein gutes Essen, nichts.
Wir feiern Ostern doch nicht nur wegen der Geschenke!"
entgegnete ich.

Ich hörte mich an wie...
sicher nicht wie mein Vater, der Gottes Existenz vehement leugnete
und immer nur von der "Kälte des Alls" sprach, wenn er in den Nachthimmel
schaute 
draußen auf der Terrasse seines Hauses, das ihm so viel bedeutete und das er dennoch
verkommen
ließ, 
aus Enttäuschung über den Lauf des 
Irdischen.

Wie...
meine Mutter eigentlich auch nicht. Sie ging zwar gerne in die Dorfkirche,
wollte dort aber in erster Linie von den
Reichen
aus dem Ort gesehen werden und nach Möglichkeit einen ihrer strahlenden Söhne
mit einer von deren Töchtern verkuppeln.
Wenige Pläne gingen schlechter auf als dieser.
Fast tut sie mir leid deswegen.
Fast tue ich mir leid deswegen.
Später wandte sie sich einer eigenen Auslegung des Buddhismus zu:
"Man sollte vor allem das tun, was einem selbst gut tut!"
sprach sie und besuchte ihren jüngsten Enkel nicht ein einziges Mal,
seitdem dieser auf der Welt ist.
Zu anstrengend.

Woher kommt mein zuweilen alberner 
manchmal fast missionarischer Eifer?

"Glaube ist auch genetisch bedingt", hatte ich gelesen und später dann erfahren, 
dass meine norddeutsche Oma in einer stark gläubigen, protestantischen
Gemeinde aktiv war, Pfingstler.

Diese naturwissenschaftliche Erklärung meiner Haltung hätte meinem seligen Vater 
eingeleuchtet.

Und auch meinem Sohn werde ich das alles irgendwann mal erzählen.

Einstweilen muss er sich morgen in der Kirche die Auferstehungsgeschichte anhören.





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