Sonntag, 31. Januar 2016

Die frühen Neunziger

wallende
goldene
Haare,
weit geschnittene Sakkos,
verschwenderische Jugend.

Tanzen.

Nicht mehr schreien und dagegen sein.

Prince...

Sex war noch nicht
komplett
entdeckt,
aber breitete sich fröhlich aus
in alle Richtungen.

Ein Versprechen.

Eine Möglichkeit.

Unschuld.

Vergangen,
gekauft.





Freitag, 29. Januar 2016

Things I wanna do

before I' ll get shot.
.
.
.

Nothing, really.




Ein Vater sein

fiel meinem Vater,
mitunter,
schwer.
Er selbst hatte nie einen.

Und so war es auch diesmal...seltsam.

Anfang der Achtziger Jahre.

Der Hof vor unserem maroden Häuschen sollte modernisiert werden.

Dort war bislang eine Fläche aus schorfigem,
Billigbeton,
die von Jahr zu Jahr,
Frost zu Frost
weiter splitterte, was besonders meine auf Status bedachte Mutter
zermürbte.

Der Plan war, den Beton wegzuhämmern, ein Kiesbett zu legen und die ortsüblichen
Hundeknochensteine
(Doppel-T-Verbundpflaster)
darauf zu legen.

Nur wurde dieser Plan nie mit uns, den Söhnen,
besprochen.

Wir waren doch groß, 15, 16 oder so.
Groß.
Stark.
Klug.
Ich hatte in Fabriken gearbeitet, in den Sommerferien, ich hätte helfen können.

Wir interessierten uns für den Zustand unseres Heims.

Aber meine Mutter und wohl auch mein Vater entschieden,
meinen Cousin aus dem Ruhrgebiet zu holen.

Der leuchtende, gut gelaunte Millionenerbe, der sein Leben ganz der
Lehre Rudolf Steiners widmete und so seine sämtlichen, unbestrittenen Talente, man kann sagen,
verkommen ließ,
war immerhin handwerklich begabt.

Also
pflasterten mein Vater und dieser Cousin den
Hof neu.

Meine Mutter war stolz auf ihren Neffen.
Gerne hätte sie Söhne gehabt wie ihn.
Vor allem solch vermögende.

Gestern Abend putzte ich mir die Zähne und sprach meinem Ältesten
Lob zu,
weil der etwas auf dem Klavier gelernt hatte und ich fragte mich,
weshalb
meine Eltern mir niemals Lob zuteil werden ließen.

Warum musste mein Vater diesen Cousin kommen lassen?

Ich dachte an den Hof.

Etwas schief die Hundeknochenfläche,
von oben links nach rechts unten.

Ziemlich schief!

Bestimmt ein halber Meter Höhenunterschied.

Fußbälle, Tennisbälle rollten immer nach rechts unten.

Und dann wusste ich, warum mein sonst so allwissender Vater den Cousin kommen ließ.

Weil er selbst es nicht konnte.

(Und der Cousin konnte es auch nicht so gut, wie behauptet.)

Das war es, was mein Vater verbergen wollte.

Und ich hab'  30 Jahre gebraucht, um es zu merken.

Mein Vater...
kein guter Steinleger, aber ein passabler
Schauspieler.






Donnerstag, 28. Januar 2016

God, though,

was always close.

But lately,
he seems a little
distanced.

How did he get into me?

Why is he leaving me?

Why is he returning?

Why am I not learning?

In the end
there' ll be a pat on the
back.

Dirt rumbles on the
coffin.



Close your eyes

and dream.

Open your eyes,
keep dreamin'.

Close your mind and
dream.

Open your mind,
stop dreamin'.



Mittwoch, 27. Januar 2016

Schreiben

"Wer schreibt, der bleibt",
schrieb mir ein Produzent,
der der Ansicht war,
ich sollte zu einem Projekt, dass ich für ihn akquiriert habe, schon mal was
schreiben.

Entgeltlos,
versteht sich.

Ich dachte über seine Worte nach.

Dachte über die Worte einer Freundin nach,
die mich vor ihm
gewarnt
hatte.

Dachte über mein Leben nach.

Ich helfe anderen,
verhelfe ihnen zu Gelegenheiten,
die sie nicht selbst erlangen können.

Wieso?

Ich weiß es nicht.

Antworten wären einfach und möglicherweise
unbequem für mich.

Ich dachte: so wie ich die Sache angehen, müsste es eigentlich heißen:
"Wer schreibt, der verschwindet".

Aber ist das nicht auch das, wie eigentlich
alles,
etwas Wunderbares?



Montag, 25. Januar 2016

A waiting room inside the artists heart

Please come
when
I' m done
with what I need to
do.

Please stay away, as long as I only
do
what I want to
do.




Literatur

"Papa,"
fragte der Große, nachdem ich ihm
Tom Sawyer gelesen hatte,
"warum muss das so spannend sein?"

"Weil spannende Geschichten
immer davon handeln, dass Menschen
Streit haben oder etwas wollen,
was der andere nicht hergeben will
oder einer weiß nicht, dass
der andere etwas will und so weiter,
es muss halt einen Konflikt geben."

"Kann man denn gar nicht mal andere Geschichten erfinden?"
fragte er.

"Was ist mit dem Frieden, dass niemand ihn besingen will?"
fragte Peter Handke.



The world tomorrow

we don' t like the fact
that things change.

We, the white population,
don' t like the fact, that the
"people of color"
begin
moving into "our"
countries.

We are still convinced, though,
that they will soon
embrace our values.

And in case they they won' t:
we have
the
biggest
and
deadliest
army on earth.

Because deep down
we know, those
values
only exist to
give us enough
freedom
to end
any known form of
humanity.

Not really looking forward
to all
this.



Samstag, 9. Januar 2016

Snowflakes

We drank
all night
and then we
staggered towards the house
where
she lived.

The angel.

Beautiful blue eyes, long brown hair
great body.

She and her family had fled from a different country and now she lived
here.

We were both madly in love with her.

But we were very good friends, too.

And whoever made the first move on her would kill our
perfect friendship.

So we deepened our friendship by telling each other
how much we loved her.

We actually sat under her window reciting poems,
drinking whiskey from the bottle.

Snowflakes melting on our faces.

A light went on in the house.

We hid.

It went out again.

We climbed this little mountain behind the house where she lived
still spitting great tones of
world literature.

Kafka.

Brecht.

Benn.

We were poets.

We were drunks.

Absolute idiots.

Still are.

She' s the only one of my old flames I' ve never managed to track down.

She might have been just a
fantasy.





Freitag, 8. Januar 2016

Lemmy

1987 in Völklingen.
Er hat mal in einem Interview gesagt, er spiele gern für Leute,
die Musik schätzten, die lauter sei als die Maschinen, die sie bedienen
müssen.

Die 4er Besetzung aus der Zeit des "Rock´ n Roll" Albums.
Unterschätzt, wie die
Band selbst
viele Jahre lang.

Er stand da vorne, den Kopf hochgereckt und in der Gegend,
in der ich aufwache, brachte man sein Erscheinungsbild vor allem mit
Rockern in Verbindung.

Ich kannte welche.

Ehemalige GIs aus den Garnisonsstädten in den Wäldern.

Sie überfielen Gaststätten und vergewaltigten Frauen.

Es war der Horror, ihnen zu begegnen.

Und jetzt zahlte ich Geld dafür.

Aber es war ja Show.

Seine Haare wehten im Wind eines Ventilators.

Es war etwas lächerlich.

Guter Sound.

Guter Abend.

Und davon abgesehen kann ich sagen, ich hab´ ihn noch gesehen,
den größten Rock´n Roller aller Zeiten,
ein musikalisches Genie.

Ein schwarzer Motown Star im Körper eines Stahlarbeiters.

Erfinder eines neuen Sounds,
Genie aus der Arbeiterklasse, mit unverwüstlich grobem Humor und absoluter Aufrichtigkeit in jeder Lage.

Er war einer der größten:

Philip John Taylor, Spitzname
"Philthy Animal."





Donnerstag, 7. Januar 2016

Kinderhand

Deine kleine Hand fest in meiner,
während wir im schwachen Dämmerlicht des Morgens die Ampel an den vierspurigen
Ringen
überqueren.

Eisiger Nieselregen,
kahle Platanen,
leere Brunnen,
Autos suchen Parkplätze,
Menschen auf dem Weg zu ihren
Arbeitsstätten,
aber deine kleine Hand fest in  meiner
und
manche sehen sie uns kurz
und
lächeln
und
du kriegst dein Star-Wars-Kinderheft
und die Kioskverkäuferin macht den Witz,
ob du das selber durchlesen willst und du lachst und machst den Spaß mit
und behauptest, du könntest schon lesen und das Heft fest umklammert
geht es weiter die Ringe entlang Richtung Kindergarten,
ich schon unter Zeitdruck,
du selig das Heft in der einen Hand und die andere in
meiner.

Wir überqueren die Straße erneut,
es regnet stärker als zuvor,
Bauarbeiter tragen eine Glasscheibe, du bleibst stehen, willst sehen,
was passiert, ich will weiter, es regnet, die Bauarbeiter bleiben stehen, sehen dich,
nicken kurz, du schaust zurück,
ich ziehe an der Hand,
es geht weiter.

Hinter der Glasscheibe der Eingangstür winkt
die Kindergärtnerin schon, als sie dich sieht
und stolz zeigst du deine
Star Wars Crogs,
was für ein Trash, aber egal, wichtig sind nicht die ästhetischen und
gesundheitlichen Bedenken, wichtig ist in diesen trüben Tagen nur eines:
dein Glück.





Dienstag, 5. Januar 2016

Die Nordafrikaner vom Bahnhof

Sie haben ihre schwarzen, jungen Körper,
ihre Muskeln,
ihre Penisse,
ihre Intelligenz.

Wenn sie Sex wollen mit deutschen Frauen
sind sie charming,
aufmerksam, lustig und
wagemutig.
Häufig erfolgreich.

Aber sie wollten etwas anderes.

Etwas, wovon wir viel haben und sie nichts.

Macht und Geld.

Für nur wenige Stunden einer Nacht waren sie
wie wir.



Sonntag, 3. Januar 2016

Pelzbesatz

Das ist schon erstaunlich, dass so viele moderne Mütter,
die ansonsten auf Ernährung und angemessenes Miteinander
achten,
den erstaunlich milden Winter
nur ertragen, wenn sich
an ihrer Kapuze un
und bei Regen und Schnee
somit direkt
auf ihrem Kopf,
vor ihrem Gesicht, die
Leichenteile bestialisch
gequälter
Pelztiere
befinden.

Immerhin bringt dies
ihre
wahre Natur
ein wenig
zum Vorschein.



Schon bald

ist es
10 nach 2.

Jetzt
ist es
10 nach 2.

Schon bald
ist es
11 nach 2.



Facebook

Viele meiner Freunde
sind in diesem Winter
auf der sonnigen Seite der Erde.

Sie posten Fotos von sich
am Strand,
mit exotischen Tieren,
mit Fremden,
in Bars,
auf Booten,
vor Stadtansichten.

Es sieht alles aus
wie Photoshop.

Sie sind nicht dort.

Sie sind nicht hier.

Sie sind nicht
echt.

Auch gut.



Fingernägel

Ich sitze am Tisch wie immer und alles ist
wie immer.

Die Streitigkeiten,
die Arbeit,
das Tippen,
das Essen,
die Hoffnung,
das Rauschen der Spülmaschine,
die Züge auf dem Bahndamm im Westen,
das Geschrei der grünen Papageien im Park,
der Regen,
die reglosen Zweige der alten Bäume,
die hängenden Köpfe der Blumen auf dem Klavier,
das Gebrumm der Autos draußen,
das Licht,
der Monat,
die Strohengel,
der Verstärker,
der Müllhaufen,
die herangerückten Stühle.

Nur meine
Fingernägel
wachsen.

Willkommen
bei den Toten.



Silvester

Mein Sohn und ich wir gingen am
Bahndamm
entlang, ließen Böller
krachen,
Farbkreisel rotieren.

Nasse Baumgerippe, der rissige Asphalt des
Wegnetzes über dem
Trümmerberg
aus der Zeit nach dem letzten großen
Krieg.

Hunde rannten auf uns zu und schnell wieder davon, wenn es
krachte.

Verärgerte Frauchen fauchten uns an.

Unten, auf der breiten Bahntrasse wieder ein doppelstöckiger
Regionalexpress.

Vollbesetzt.

Mein Sohn fragte, ob es mir aufgefallen war.

Ich wusste nicht, was er meinte.

Alle Leute dort im Zug haben auf ein Smartphone gestarrt.

Alle.

Ein neues Jahr beginnt.

Eine neue Ära beginnt.

Wir sind angeschlossen.