Dienstag, 31. März 2015

Zukunft

draußen wütet Orkan
"Niklas"
drinnen wüten
wir.

Schreien uns an, machen uns ausführlich berechtigte und 
unberechtigte Vorwürfe.

Du hast kein Verständnis für die Kinder!
Du bist nie da!
Du hast mehr Zeit für dich als ich Zeit für 
mich
habe!
usw.!
usf.!

Wer Kinder hat kennt das.

Dann gehst du zu Bett.
Kannst wunderbar schlafen,
wie immer.

Ich sitze noch im Wohnzimmer auf der durchgesessenen 
Couch.
Schließe die Augen und 
lausche dem brausenden, heulenden Sturm draußen.

All das wird von ganz allein besser werden.

In ca. 10 Jahren.





Montag, 30. März 2015

Freiwillig

Wir werden umgebaut
werden
zu Menschen 2.0.
Nanoroboter in unseren Hirnen und Körpern.

Wir verschmelzen mit den anderen und werden beinahe unsterblich.

Behauptet der Chefingenieur von google.

Und er muss es wissen,
da er in seinem Buch schreibt, dass
er bereits
mehrere Nobelpreisträger versammelt hat,
die daran arbeiten,
unter seiner Aufsicht und Anleitung.

Etat: angeblich eine Milliarde Dollar.
Jährlich.

Was ist, wenn man das alles gar nicht will?

Da sollten wir uns keine Sorgen machen, sagt Chefingenieur
Dr. Kurzweil,
erstens ist es zu unserem Besten und
zweitens 
ist es ja 

freiwillig.

Wie die Nutzung des
Internets
und des 
Handys.






Samstag, 28. März 2015

Winter 2010

Seit vielen Jahren draußen mal wieder
Schnee, Eis, Tauen, erneutes Überfrieren.
Hier im Zug auf der nächtlichen Fahrt in die
Hunsrück-Heimat
Verspätung,
aber Wärme.
Mutter verkauft das Haus.
Sie wird nicht viel dafür bekommen.
Und wir Brüder noch weniger,
Vaters Lebenswerk 
verramscht
für ein Leben unter der Sonne auf einer zersiedelten Kanaren-Insel.
Tausende Kilometer entfernt von ihren Enkeln will sie ihr groteskes Übergewicht bekämpfen und glücklich werden.

Ich traue ihr zu, dass es klappt.





Kain oder Abel

Morgens im Kindergarten.

In der Turnhalle schleifte die Kinderschar eine große Luftmatratze an und versuchte,
darunter meinen achtjährigen Sohn zu begraben.
Mein kleiner, dreijähriger Sohn schrie in Panik und Sorge: 
"Mein Bruder!"

Der Große hörte den Kleinen nicht.
Und besiegte die Meute.

Nachmittags dann mit den Kindern gespielt.

Lego Duplo Steine aufeinander gesetzt.
Ein Zoo sollte es werden.

Erst nur mit dem Kleinen,
dann kam der Große dazu.

Er kann es nicht ertragen, wenn ich etwas mit dem Kleinen mache und 
mit ihm nicht.

Bald bestimmte der Große, was gebaut wird.

Ein Tunnel, massiv, 2 stöckig.

Es funktionierte.

Die elektrische Brio-Lokomotive holperte über die Plastiknoppen durch den Tunnel.

Der Kleine wollte alles zerstören.

Der Große würgte ihn.

Der Kleine trat ihn und würgte auch.

Ich schritt ein.

Wie immer
rechtzeitig.






Freitag, 27. März 2015

Lügen

Ich war auf dem Sprung.

Wollte vor Anbruch der 
Dunkelheit
im Büro sein.
Ich musste noch ein Exposé fertig schreiben, 
aus dem ohnehin 
nichts werden würde.

Das Telefon im Flur klingelte, mein achtjähriger Sohn ging ran,
lauschte kurz, gab es dann mit verwirrtem Gesichtsausdruck an mich weiter.

Es war eine Umfrage.
Ob ich informiert sei über die Möglichkeiten, mit der man 
Lohnsteuer sparen und
gleichzeitig in seine Rente investiere könne.

"Ich spare bereits für meine Rente" sagte ich. Außerdem müsse ich los, mein Kind abholen
und legte auf.

Mein Sohn schaute mich fassungslos an.

"Warum hast du den Mann angelogen Papa?"

Auch meine Frau schaute mich an. 
Neugierig, wie ich mich da wohl rauswinde:
"Ja, warum?"

"Ich hätte die Wahrheit sagen können", erklärte ich, "aber das hätte zu lang gedauert
und außerdem hätte es stimmen können, dass ich los muss, dich abholen.
... Mann! Der wollte mir nur was verkaufen!"

Mein Sohn nickte.

Mein Frau war ebenfalls nicht ganz zufrieden mit der Erklärung.

Ich fühlte mich mies.

Nicht weil ich ein schlechtes Vorbild bin.

Sondern weil ich nicht vorgesorgt habe, für das
rasch nahende 
Alter.







Donnerstag, 26. März 2015

Blackbox

Ruhig atmen
habe man ihn gehört.

Dann Klopfen an die Kabinentür.

Hinten 149 Menschen.

149 
Leben.

Viele junge Menschen.

Junge Leben.

Babies.

Schüler.

10. Klasse.
Sie waren in Barcelona.
Heimlich kiffen, heimlich küssen, heimlich klauen
oder einfach nur
mit dem Lehrer durch diese Kirche gehen und staunen.

Und alle anderen.

Versunken in die Alltäglichkeit ihrer
Leben und Träume und Gedanken.

"Nicht mehr lang und wir landen."
"Holt Papa mich ab oder Mama?"
"Wahrscheinlich regnet´s."

Das gleichmäßige Dröhnen im Innern der Maschine
hüllt sie ein und einigt ihre Existenz für einen Moment:
friedliches Erwarten.

Er atmet tief ein.


"Terrain, Terrain, Pull Up, Pull Up!" 

"Master Caution Warning!"   

 "Master Warning!"  


Jetzt.