Montag, 13. Juli 2015

Den Dom hinab

Mit meinem 2jährigen Sohn auf dem
höchsten Punkt des Kölner Doms.

Hinauf geht es 533 Stufen
durch ein wirklich
enges
Treppenhaus
im Südturm.

Die Steinstufen sind ausgetreten und
glatt.

Es ist eng.

Nur wenige, schmale Fenster,
Scharten
in historischem Gemäuer.

Es geht im Kreis einer endlos
scheinenden Wendeltreppe
hinan.

Auf der Außenseite der Wendeltreppe ist es sicherer zu gehen, da die Stufen breiter sind,
man kann sich an den Mauern stützen.

Die Innenseite ist gefährlich eng.

Kaum Trittfläche, keine Fläche sich zu halten,
nur die sog.
Massivspindel aus abgegriffenem
Sandstein,
um die herum sich die Stufen
immer weiter hoch drehen.

Es herrscht Gegenverkehr im Treppenturm.

Die von unten kommen, wollen außen gehen,
die von oben kommen, sollen sich innen halten und
ausweichen.

Mein Sohn ist alle 533 Stufen selbst hinauf gegangen.

Aber
hinunter sollte ich ihn nun
alle 533 Stufen
tragen.

Er wollte keine einzige gehen.

Ein Blick nach unten ins dunkle, gewundene Treppenhaus
genügte.

Kurzer Schreianfall über 110 Dezibel, gemessen mit einer iPhone-App und ich
trug ihn.

Wie ein etwas wackeliger Christophorus
hielt ich den blonden
Lockenknaben auf dem Arm und begab mich ins
dunkle
Treppenloch.

Ich konnte mit dem Kleinen nur außen gehen.
Innen hätte ich das Gleichgewicht nicht halten können.
Und ich wollte nicht mit dem Kind 533 Stufen
nach unten
stürzen.

Beinahe jeder, der mir von unten entgegen kam, beharrte eine kurze Zeit ärgerlich darauf, weiterhin außen zu gehen.
Ich sollte mit dem Kind nach innen ausweichen.

Was ich nicht tat.
Das Kind war mir wichtiger als der
Zorn verängstigter Touristen.

Deutsche kamen mir von unten entgegen und wollten, dass ich innen gehe.
Chinesen kamen mir von unten entgegen und wollten, dass ich innen gehe.
Italiener kamen mir von unten entgegen und wollten, dass ich innen gehe.
Amerikaner kamen mir von unten entgegen und wollten, dass ich innen gehe.
Spanier kamen mir von unten entgegen und wollten, dass ich innen gehe.
Holländer kamen mir von unten entgegen und wollten, dass ich innen gehe.
Briten kamen mir von unten entgegen und wollten, dass ich innen gehe.
Franzosen kamen mir von unten entgegen und wollten, dass ich innen gehe.
Die einzigen, die ohne auch nur inne zu halten oder einen Moment nachzudenken,
auswichen, um das offensichtlich in brenzliger Lage befindliche Kind zu schützen, waren
Türken.

Einmal war es eine Schulklasse, klischeehaft laut, prollig, krass, aber als sie mich mit dem Kind sahen,
- gleich nach innen.

Dann nochmal eine türkische Familie,
einfach nach innen, freundlicher Blick und
weiter.

Als wir draußen waren, schaute ich mit dem Kind andere Hand hinauf in das schwarze, verwitterte,
gotische Sandsteingeflecht unseres
Gotteshauses.

Ja, das passte.





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