Freitag, 29. Januar 2016

Ein Vater sein

fiel meinem Vater,
mitunter,
schwer.
Er selbst hatte nie einen.

Und so war es auch diesmal...seltsam.

Anfang der Achtziger Jahre.

Der Hof vor unserem maroden Häuschen sollte modernisiert werden.

Dort war bislang eine Fläche aus schorfigem,
Billigbeton,
die von Jahr zu Jahr,
Frost zu Frost
weiter splitterte, was besonders meine auf Status bedachte Mutter
zermürbte.

Der Plan war, den Beton wegzuhämmern, ein Kiesbett zu legen und die ortsüblichen
Hundeknochensteine
(Doppel-T-Verbundpflaster)
darauf zu legen.

Nur wurde dieser Plan nie mit uns, den Söhnen,
besprochen.

Wir waren doch groß, 15, 16 oder so.
Groß.
Stark.
Klug.
Ich hatte in Fabriken gearbeitet, in den Sommerferien, ich hätte helfen können.

Wir interessierten uns für den Zustand unseres Heims.

Aber meine Mutter und wohl auch mein Vater entschieden,
meinen Cousin aus dem Ruhrgebiet zu holen.

Der leuchtende, gut gelaunte Millionenerbe, der sein Leben ganz der
Lehre Rudolf Steiners widmete und so seine sämtlichen, unbestrittenen Talente, man kann sagen,
verkommen ließ,
war immerhin handwerklich begabt.

Also
pflasterten mein Vater und dieser Cousin den
Hof neu.

Meine Mutter war stolz auf ihren Neffen.
Gerne hätte sie Söhne gehabt wie ihn.
Vor allem solch vermögende.

Gestern Abend putzte ich mir die Zähne und sprach meinem Ältesten
Lob zu,
weil der etwas auf dem Klavier gelernt hatte und ich fragte mich,
weshalb
meine Eltern mir niemals Lob zuteil werden ließen.

Warum musste mein Vater diesen Cousin kommen lassen?

Ich dachte an den Hof.

Etwas schief die Hundeknochenfläche,
von oben links nach rechts unten.

Ziemlich schief!

Bestimmt ein halber Meter Höhenunterschied.

Fußbälle, Tennisbälle rollten immer nach rechts unten.

Und dann wusste ich, warum mein sonst so allwissender Vater den Cousin kommen ließ.

Weil er selbst es nicht konnte.

(Und der Cousin konnte es auch nicht so gut, wie behauptet.)

Das war es, was mein Vater verbergen wollte.

Und ich hab'  30 Jahre gebraucht, um es zu merken.

Mein Vater...
kein guter Steinleger, aber ein passabler
Schauspieler.






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