Montag, 8. Februar 2016

Sturmtief

Wir verwehen.
Wie Bonbonpapiere,
die in karnevalstrunkenen Straßen von sonnenhellen Sturmböen
hochgeschleudert
werden.

Im dröhnenden Himmelsblau ein wenig umherglitzern und ruckartig für immer
verschwinden.

Mein guter Vater, der gütig und klug uns beschützte und sein Haus sturmfest machte, als ich die erste Auszeichnung meines Lebens bekam,
mein guter Freund und Produzent, der mich vor allzu provokanten Torheiten bewahrte und nicht zu stolz war, mich nach Geld zu fragen,
mein Bassist, frei, psychotisch, verrückt, weise, mit seinen stinkenden Zahnruinen
mein Gitarrist, mit seiner Sehnsucht nach den eleganten New-Wave-Jahren in München,
meine liebe Oma, die bei Karstadt nach dem Krieg Bettwäsche verkaufte, mir Sahnebonbons gab, Karl May Bücher und seltene Briefmarken, die verschwunden sind,
meine Schwiegermutter, mit ihrer einfachen Gläubigkeit, ihrem unbeugsamen Willen, ihrem originellen Witz und ihrer Güte,
mein Schwiegervater, ein stolzer Mann um den hunderte Dorfbewohner weinten,
mein Freund der Dorfrocker, der Blut hustete, der Friedhof blau von Rockerkutten,
der größte Gitarrist aller Zeiten, der mich umarmte, weil niemand sonst ihn umarmte und einen seiner Hemdsärmel abriss und mir zum Abschied gab am Flughafen Schiphol
an einem sonnenhellen, stürmischen Februartag nach unzähligen durchwachten Nächten
zugebracht in einer Wand aus Lärm, Ausschweifung, Gelächter und Verzweiflung
-
tot.

The authorities say, my papers are in order and if I wasn' t such a coward, I would run.
Meet me on the other side of town.



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